Hellabrunn 2003
Hellabrunn 2004
 

„Dottoressa Doolittle“ unterwegs – am 16. Juli 2003 im Tierpark Hellabrunn

Endlich – nach ca. 4 Jahren – habe ich mich mal wieder aufgerafft und unseren Zoo „Hellabrunn“ besucht. Norbert erzählte mir von einem neugeborenen Giraffen-Mädchen und das wollte ich natürlich sehen.

Die Tagestemperatur wurde heute auf ca. 35°C angesagt und ich war ca. 11 Uhr an der Kasse. Die Masse an Schulklassen verlief sich auf dem großen Gelände und nur in den Restaurationsbetrieben merkte man, wie gut besucht der Tierpark heute war. Ich hatte meine Verpflegung dabei und die 3x ½ l Apfelschorle kaufte ich an kleinen Kiosken, wo nicht soviel Andrang war – ich fühlte mich also durch die Leute nicht belästigt.

Auf meinem Weg in Richtung Osten, der mich von der Kasse aus über den Europa- und Amerikateil zum Urwaldhaus/Aquarium brachte, machte ich meinen ersten Halt bei einer größeren Herde Wisents, die mich wissend und klug beobachteten, als ich mein Gespräch mit ihnen führte – ihnen war es eindeutig zu warm; das braune Fell hing ihnen in Fetzen herunter und erinnerte mich an den Bast, den der Hirsch vom Geweih abwirft. Auch sie hatten zwei kleinere Herdenmitglieder dabei, die sie mit ihren Leibern beschatteten.

Im Urwaldhaus waren zwar die Affen ausgeflogen, doch die neu angelegte „Amazonaslandschaft“ ist wirklich imposant geworden. Sogar ein Kurzschnauzenkrokodil ließ sich sehen und in einem großen Becken umschmeichelten sich 3 wunderschöne Anacondas (gelb/schwarz gemustert); bei einer davon sah man noch ca. 50 cm. hinter dem Kopf (die Schönheit war bestimmt 2,5 m lang) den „Knödel“, der die letzte Mahlzeit signalisiert (wahrscheinlich eine von den zoozuchteigene Ratten). Sogar durch die dicke Glasscheibe hatte ich den Eindruck, sie würde sich meinen Worten zuwenden und blickte mir starr in die Augen – ein wunderschönes Lebewesen mit einem Wissen in sich, das sich wohl nie erforschen lässt.

Im Untergeschoß befindet sich das neu installierte Aquarium mit den buntesten und riesigsten Fischen aus den verschiedensten Erdteilen. In einem kleinen Schaukasten begann ich einen kleinen Plausch mit einem Seepferdchen-Mann, der mir dann auch sein Weibchen vorstellte, das ich wohl übersehen hätte, wenn er sich nicht – offensichtlich verliebt – um sie gekümmert hätte; die beiden verschlangen dann ihre Schwanzenden und wippten im Takt mit dem Ast, an dem sie Hangen. Es war ein Bild vollkommenen Friedens !

An der Außenanlage des Urwaldhauses war es erstaunlich ruhig – ich schätze mal die Affen hielten ihren Mittagsschlaf. Ein einsamer kleiner Schimpansenboy schaukelte in einer Seilschlaufe vor sich hin und lauste sich seinen Bauch. Als ich ihn dabei beobachtete hatte ich den Eindruck, es ist ihm gar nicht recht, dass ich ihm bei der Intimpflege beobachte und entschuldigte mich höflich und ging weiter – ich würde es auch nicht mögen, wenn mich jemand beim Pickelausdrücken beobachtet.

Nun komme ich am Giraffenhaus vorbei und begrüße die kleine Schönheit, die seit letzter Woche auf dieser Welt ist – solch ein bezauberndes Lebewesen. Sie nun schon über zwei Meter – naja, sie kam ja bereits mit 1,80 m auf die Welt 
- und stolziert auf sicheren, wenn auch noch etwas dünnen – Beinen durch das Freigehege, wo Mam & Paps Giraffe sie vorsichtig überwachen, damit sie auch keinen falschen Schritt tut (z.B. zu nah an den Wassergraben zu kommen, der das Gelände umfaßt.

Nach ein paar Minuten Gehweg, die ich schattensuchender Weise hinter mich bringe, komme ich zum Elefantenfreigehege, wo ein junges Pärchen – sie haben beide noch die Strubbelhaare auf dem Kopf, also sind es wohl Jährlinge – sich nebeneinander mit Sand bewirft. Dies sind wohl die ersten scheuen Annäherungsversuche. Der Junge knickt dabei immer sein rechtes Hinterbein ein und es sieht so aus, als würde er vor dem Mädel einen Knicks machen. Ich finde das so drollig, dass ich Kontakt mit ihm aufnehme, worauf hin sich das Fräulein verzieht – anscheinend war ihr nicht nach kommunizieren. Der junge Bulle allerdings zeigt mir immer mehr von seinen „Kunststückchen“; er knickt reihum seine Beine ab und wackelt dabei im Takt mit Ohren und Rüssel, als würde er einer inneren Medodie folgen. Durch meine zusprechenden Worte wurde er richtig „übermütig“ und als ich weiterging, flitze er sofort auf seine Freundin zu; wohl um ihr von seiner „menthalen Begegnung“ zu berichten.

Vorbei am Schildkrötenhaus, entlang an Gazellen, Steinböcken (aus Nubien, nicht so Allerweltsböcke wie bei uns im Gebirge ) und Pavianen kam ich vom Afrikanischen Teil zum Polarium. Dort am Eisbärengehege wäre jetzt eigentlich Fütterung (Beutesimulation), doch an der Scheibe hängt ein Schild „Wegen Defekt an der Maschine fällt die Fütterung heute aus“. Blöderweise hat man das so angebracht, dass wir – die Besucher – es lesen konnten, doch die Bären wußten davon nichts. Also standen sie in Positur auf ihren Felsen direkt unter der Maschine, die man durch die Bäume ausmachen konnte – doch nichts flog auf sie herunter. Sie brummten sich irgendetwas in „Bärisch“ zu und ich gehe davon aus, dass es soviel wie „Na so ein Saftladen. Die Bedienung ist echt scheiße. Sollen wir hier denn verhungern.“ u.ä. Worte waren, die sie austauschten.

Ich erfreute mich dann noch am Geplantsche der Robben und beobachtete die konsternierten Pinguine, die wegen Umbau ihres Geheges nicht ins Freie durften – normalerweise stolzieren die Frackjungs durch den ganzen Zoo, doch momentan scheint das nicht möglich zu sein.

Eine Biegung in den Streichelzoo ist für mich unerlässlich, denn ich sehe eine Unmenge von Zwergziegen (habe ich schon erwähnt, dass ich Ziegen liebe ?). Ich wackle über die Hängebrücke, die mich nach dem Übergang an eine „Indiana- Jones-Prüfung“ erinnert – einige Schüler wollten ihre Mitschülerinnen zum Kreischen bringen und denen war es total egal, dass ich mitten in der Meute stand; die Planken schaukelten und die Ketten quietschten – tapfer rang ich mir ein lächeln ab und wünschte die kleinen Wichte zu den Krokodilen (die natürlich nur im Film im Fluß unter uns wären – hier befanden sich dort nur einige Karpfen, die aber in ihrer Größe nicht minder gefährlich wirkten).

An der anderen Seite machte ich mich auch gleich an einem Futterautomaten zu schaffen, doch leider hatte ich nur ein einziges 50 Cent-Stück (da habe ich mal wieder überhaupt nicht mitgedacht !) und so konnte ich dem Gerät nur eine einzige Portion entlocken. Ein ganz besonders schlaues Böckchen stellte sich genau vor die Ausgabe der Getreidepressung und öffnete sein Maul direkt davor, so dass alles, was durch meine „Spende“ aus dem Apparat herauszuholen war, sofort in seinen Mund fiel (die Technik muss der Kerl aber schon oft geübt haben, denn er tat das mit einer Selbstverständlichkeit, dass sich die fünf anderen Artgenossen um ihn herum nicht mal mehr wunderten !). Dann fuhr er noch mit seiner langen und rauhen Zunge in die Öffnung, damit er auch wirklich jeden Krümel abbekam. In der Zwischenzeit hat sich einer der kleinen Ziegenböcke genüßlich leckend an meiner Kniekehle zu schaffen gemacht – kein Wunder, bei dem Schweiß, der an mir herunterläuft ist das toll salzig für den Burschen. Da weiß ich nun nicht mehr, soll ich quietschen, schreien oder kichern – es ist einfach ein total ultimatives Gefühl und am liebsten würde ich einen dieser süßen Burschen sofort mit heim nehmen.

Würde sich bestimmt gut machen, wenn ich auf der Cassandra heimdüse und habe einen Ziegenbock zwischen den Beinen  ! Meinen Rucksack habe ich derweilen auf eine Parkbank neben dem Futterautomaten gelegt und als die Oberziege merkt, dass am Gerät nichts mehr rausfällt, beäugt er sich meinen Rucksack und merkt, dass der Deckel nicht ganz dicht ist. Ratzfatz hat er seine Nase reingeschoben und beißt ein Stück von meinem gerade neu erworbenen Postkartenblock ab und verzehrt die Pappe mit Genuß – zum Glück hat er nur das Deckblatt erwischt und das untere Blatt nur etwas angesabbert (doch das trocknet auch wieder). Ich konnte kaum so schnell meinen Rucksack in Sicherheit bringen, wie der niedliche Racker nach etwas eßbarem gesucht hat. Ich setze mich dann auf einen Stein und führe ein sehr intensives Gespräch mit einer jungen Ziegendame, der ich dann etwas Wasser aus meiner hohlen Hand zu saufen gebe – dankbar ist sie, denn sie schmeist mich mit einem Ziegenkuß am Ohr fast von meinem Stein in Richtung Killerkarpfen.

Nun komme ich zu einem der wohl prachtvollsten Wesen, die im Tierpark untergekommen sind: in einem Gebüschgeflecht stehen die Käfige der zwei Tiger. Anscheinend hatten sie gerade zu Fressen bekommen, da noch Fleisch- und Hautbatzen auf den Holzdielen liegen. Doch die Reaktionen der beiden haben mich sehr erschreckt: der erste – der war etwas größer, wie der im Nebenkäfig – machte dem Wort „tigern“ alle Ehre und rannte wie von der Bremse gestochen ständig auf und ab, wobei der unruhig schnaubte und sogar manchmal an den Gittern hochsprang. Dem war der Besuch garnicht recht. Der zweite Tiger – ebenfalls ein Männchen – lies sich anfangs überhaupt nicht beirren und schleckte sich nach alter Katzenmanier die Pfoten nach dem Fressen und drehte seinen Beobachtern den schönen, breiten Rücken zu. Doch als er sich dann auch etwas die „Beine vertritt“, bemerkt man, dass seine Hinterpfoten nicht sehr stabil sind und erwartet, dass seine Hüfte gleich wegkippt. Auch macht er einen sehr weggetretenen Eindruck und seine Augen wirken ziemlich trübe. Vielleicht hat man ihm eine Betäubung in sein Essen, weil etwas an ihm „gedoktert“ werden muss – irgendwie habe ich den Eindruck, er hätte Zahnweh; das ist nur so ein Gedanke von mir, denn gesprächig ist der Bursche wirklich nicht und es kommt, wohl auch durch seine Nervosität, keine Kommunikation auf.

Um das Gehege herum kann ich noch eine wunderschöne schwarze Panterdame bewundern, die man im Gestrüpp ihres Freigeheges fast nicht ausmachen kann – da muss ich wieder an die beiden Tiger denken, die ja wirklich nur Käfige in der Größe von Zirkuswagen hatten. Warum sind alle anderen Raubtiere im Freien, nur die beiden wurden isoliert ?; diese Frage wird mir wohl heute niemand mehr beantworten können.

Ich mache mich auf den Weg zur Voliere, die ebenfalls neu ist (es liegt wohl auch daran, dass ich vieles für neu empfinde, da ich im Winter 1999 das letzte Mal hier war); dort erwartet mich eine Farbenpracht, die wirklich brilliant ist. Der sog. „Rote Sichler“ – unschwer als Ibisart zu erkennen, allerdings kleiner als das ägyptische Vorbild (der heilige Vogel) – ist eine in Südamerika vorkommende Art, deren Federn von einem leuchtenden Neonorange sind. Wenn mehrere von ihnen mit aufgespannten Flügeln auf der Wiese hocken – das scheint ihnen Spaß zu machen – tun einem direkt die Augen weh, wenn man sie betrachtet; schade, dass ich diesmal keine Feder von ihnen gefunden habe, doch vielleicht beim nächsten Mal. Ich bin nun schon fast 3 Std. unterwegs, es sind mindestens 35°C und langsam tun mir meine Beine weh.

Als ich den kleinen Fluß überquere muss ich mich direkt beherrschen, um nicht einfach in das kühle Nass zu hüpfen – habe heute aber keine Lust „Bild-Zeitung-Schlagzeile“ zu machen und bin daher artig und suche mir schattige Wege.

Als ich vor dem Gibbongehege meine Augen über die Felslandschaft streifen lasse, hängt einer von diesen lustigen Gesellen in einer Astgabel und beobachtet mich intensiv. Diesmal hat einer Kontakt zu mir aufgenommen, bevor ich zum Zuge kam – das ist sehr gut, denn damit merke ich, dass meine „Antenne“ mit der Zeit stärker geworden ist. Der junge Kerl mit seinem imposanten schwarzen Haarschopf legt seinen Kopf etwas schräg und fordert mich auf, ihn genau zu beobachten: da streckt er seinen Arm aus, spreizt seine überaus langen Finger und tatsächlich: er fängt an, sich damit zu kämmen. Nicht das übliche Lausen, wo die Affen mit spitzen Fingern nach ihren Parasiten suchen, sondern diese Geste „Ich trage mein Haar heute offen“ und dabei erinnert er micht total an den „Modeschöpfer“ Mooshammer aus der Maximilianstraße. Ich muss herzlich lachen und der junge Gibbon bedankt sich für die Vorstellung, in dem er in die Hände klatscht. Solche überaus witzigen Gesten bin ich sonst eigentlich nur von Schimpansen, Gorillas oder Orang-Utahs gewohnt, doch dieser Junge war echt eine Show. Ich verabschiede mich von ihm mit einem Flugkuss und ich glaube, er grinst mir nach.

Auf dem Weg zum Ausgang komme ich am Nandu-Gehege vorbei und sehe, wie ein Tierpfleger gerade ein Nest mit 3 Eiern inspiziert und vorsichtig daran horcht, ob schon was knackt – sowas mal zu beobachten, wäre wohl echt faszinierend für mich. Anscheind ist der werdende Vater mal schnell in der „Eckkneipe“, denn bei dieser Straußenart brüten ausschließlich die männlichen Vögel das Gelege aus (das ist Job-Sharing, schließlich hat sie sich die Mutter auch ausgepresst !).

Meinen letzten Halt mache ich bei den Präriehunden, die in verschiedenen Gemeinschaften im Gehege der Urwildpferde untergebracht sind. Die posierlichen Kerlchen haben mich wirklich nochmal total in ihren Bann geschlagen und ein ganz besonders frecher kam bis zum Wassergraben auf mich zu; ich dachte schon der macht jetzt einen auf „Franzi“ (Almsick) und spaziert mit mir hier raus. Die Zwerge aus der Hörnchen-Art können wirklich die verrücktesten Sachen anstellen.

Trotzdem war ich nun ziemlich kaputt, denn ich war über 3 Std. bei dieser Gluthitze unterwegs – aber ich habe jede Minute genossen.

Ich weiß auf jeden Fall, dass mein nächster Besuch nicht wieder so lange auf sich warten lässt und um diesen Gedanken festzuhalten, habe ich mich als Zooförderin für 60 Euro im Jahr eintragen lassen. Das bedeutet, auch mal einen Blick hinter die Kulissen zu machen – mein größter Wunsch wäre es ja, mal mit dem Zootierarzt auf Streifzug zu gehen; naja, so hat jeder seine Steckenpferde.

BullUp17

 


Die Tierflüsterin ist wieder unterwegs – 14. Juli 2004 im Tierpark Hellabrunn

Irgendwie scheint mich der Tag des 16. Juli besonders zu animieren, in den Tierpark zu gehen – vielleicht weil ich mir dieses wundervolle Erlebnis jedes Jahr neu zum Geburtstag schenken will.

Seit einigen kühlen und nassen Wochen, ist heute der 2. Tag mit angenehmer Sommerwärme und Sonnenschein und ich habe mir einen Urlaubstag gegönnt – schließlich hat man nicht jedes Jahr eine Primzahl zu feiern und das habe ich gestern mit viel Genuss getan.

Um ½ 10 düse ich mit meiner treuen Motorrollerdame Cassandra in Richtung Tierpark Hellabrunn – quer durch die Stadt; schon die Fahrt dahin stimmt mich hoch erfreut ein, denn bei dem nasskalten Sommer konnte ich bis jetzt noch überhaupt keine Touren machen.

Der ehemalige Haupteingang wird momentan umgebaut und die Kasse wurde hinter den Streichelzoo, parallel zur Isar, verlegt. Mit der Öffnungszeit muss ich mich wohl getäuscht habe, denn es ist schon mächtig was los. An der Kasse stehen zwei Reisegruppen und verschiedene Mutter-Kind-Gruppen und warten auf Einlass; ich habe nun wirklich keine Lust, mich in die Schlange einzureihen und mische mich unter die Gruppe, die gerade von ihrer Leiterin hineingewunken wird. Ich zücke meinen „Tierparkförderausweis“ und gehe einfach an der Kassendame vorbei; ich glaube, die hat mich überhaupt nicht registriert.

Meinen Rundgang starte ich auf den mir bekannten Wegen und komme zum ersten mal in den Genus, ein schlafendes Wolfspaar zu beobachten – sie liegen auf der Wiese und genießen die Sonne. Auf mein gedankliches „Kommunikationsangebot“ bekomme ich das Signal: „Wir sind müde und wollen unsere Ruhe“; ich respektiere das und gehe weiter, nach dem ich mich von den Beiden verabschiedet habe.

Ich gehe den Weg weiter und komme zur Vogelvoliere, wo ich hoffe, endlich mal eine Feder des roten Sichlers zu ergattern. Allerdings habe ich auch dieses mal wieder kein Glück, denn anscheinend werden die begehrten Federn immer gleich von Pflegern eingesammelt – ist auch verständlich. Auf einer Wiese steht eine Gruppe von Braunsichlern, wo sich vier Rote Sichler mit untergemischt haben – es ist so eine herrliche Farbkomposition, da das saftige Grün des Rasens strahlt und die Tiere nur wenige Bewegungen machen; es erinnert mich fast an ein Mandala .

Ich entdecke ein Storchennest mit einer wartenden Störchin und etwas weiter entfernt zupft gerade der Storchenmann Grasbüschel aus der Wiese – vielleicht zur Auspolsterung für das Nest.

Auf dem Rückweg zur Ausgangstüre des Vogelparadieses bewundere ich nochmals das Federkleid der Roten Sichler – es schimmert samtig neon-rot und fühlt sich bestimmt total weich an.

Eigentlich wollte ich jetzt meinen Rundweg etwas abändern, doch plötzlich komme ich hinter dem Elefantenfreigehege heraus und beobachte die Riesenschildkröten beim „Gras rupfen“. Das große Weibchen hakt genüsslich ganze Büschel aus dem Rasen, doch wird sie plötzlich von den zärtlichen Avancen eines kleineren Schildkrötenmännchens beim futtern gestört. Ganz gezielt fängt er mit ihr das Schmusen an, was ihr aber im Moment gar nicht recht ist und so dreht sie ihren Kopf ab. Der jugendliche Liebhaber dreht mir seinen schöngemusterten Kopf zu, fragend, was er jetzt machen soll. Ich stelle mich auf ihn ein und bestätige ihn in seinem Plan; er soll nicht aufgeben und seine Zärtlichkeiten frei zeigen. Nach dem dritten Versuch steigt dann auch das Weibchen drauf ein und gibt ihm sogar was von dem Grasbüschel ab, den sie noch im Schnabel hat. Es hat sich seine Hartnäckigkeit also gelohnt und wir verabschieden uns mit einem intensiven Blickkontakt – ich liebe diese wundervoll-zärtlichen Wesen sehr und mein Herz macht einen kleinen Freudensprung.

Das neu umgebaute Raubtierhaus, in das ich als nächstes gehe, ist wie eine Dschungellandschaft gestaltet worden – es ist wirklich supergut geworden. Die Großkatzen sind allerdings in den Außengehegen, doch ich erfreue mich an der reichhaltigen Flora aus Schlingpflanzen, Kakteen und Bachlandschaft, in der Papageien frei herum fliegen.

Im Freien folge ich erst mal den Toilettenschildern, doch hält mich ein schlafender Löwe von meinem Vorhaben ab, denn plötzlich kommt mir das Lied in den Sinn „The lion sleeps tonight“ und stimme ohne Hemmungen leise den Song an; besonders die Summ- und Brummstellen der kenianischen Melodie lassen den König der Steppe aufhorchen und er kommt auf mich zu. Direkt vor dem Platz wo ich stehe ist eine Wasserstelle, von der er ausgiebig Gebrauch macht. Eigentlich sieht das genauso aus, als wenn unsere Miezen zuhause trinken, nur dass seine Zunge merklich größer ist . Wir haben dann längeren Blickkontakt und er erzählt mir, dass ihm stinklangweilig ist, weil er jeden Tag das selbe erlebt und auf längere Wanderschaften und Abwechslung leider verzichten muss. Ich kann seine Trauer gut verstehen und zweifle mal wieder am Sinn der Tierparks – trotzdem bin ich glücklich, diese wundervolle Vielfalt der Fauna erleben zu dürfen und hole mir die guten Seiten (wie z.B. den Schutz vor Artenaussterben, Rückzüchtungen von alten Rassen, etc.) wieder in den Sinn. Dann schenkt mir der Löwe, der jetzt noch nicht zu den ganz großen gehört, da ich ihn auf ca. 3 Jahre schätze, noch einen Abschiedseindruck und strullt eine riesige Pfütze in den Sand – ich muss lachen. Er hat ja recht: Was oben reinläuft, muss unten wieder rausfließen . Als ich schon weiter gehen will, um meinen ursprünglichen Plan (nämlich die Toiletten aufzusuchen) durchzuführen, hält mich ein junges Paar auf (die beiden sind mir schon an einigen Gehegen aufgefallen, weil er so schön-tätowierte Arme hat) und fragen mich, was jetzt mein Gesang zu bedeuten hatte. Ich erkläre ihnen, dass das auf meine Miezen zuhause auch immer beruhigend wirkt und dass ich einfach etwas mit ihm „ins Gespräch“ kommen wollte. Wir plaudern noch etwas und ich rate ihnen zu einem Zoostreifgang im Winter, wo sich die Tiere auch viel natürlicher verhalten, weil fast keine Besucher ständig in ihre Behausungen glotzen. Wir verabschieden uns mit den Worten „Also dann bis zum Winter“  und nun muss ich aber auf jeden Fall zum Clo durchstarten.

Ich gehe dann in Richtung Affenhaus; dort unterbreche ich meinen Rundgang, um von der Telefonkabine mit Norbert zu telefonieren (er hatte noch einen Gesprächstermin, von dem ich das Ergebnis wissen wollte) und kann von dort aus die Minikängeruhs beobachten. Die meisten liegen schlafend in der Wiese, doch eins sitzt und schaut ständig in seinen Beutel; er kramt etwas darin herum, schaut dann wieder auf und kramt dann wieder – fast sorgenvoll – ein seinem Beutel. Der kleine Kerl macht fast den Anschein, als suche er nach seinem Hausschlüssel, den er in der Unendlichkeit seiner Tasche nicht finden kann .

Im Affenhaus ist gerade Bewässerungszeit und aus verschiedenen kleinen Düsen an der Decke kommt hauchfein gesprühtes Wasser – da es heute recht warm ist, macht das sogar für die Besucher einen Sinn. Ein ganz junges Schimpansenbaby hängt mit einer Hand ganz fest am Fell seiner Mama und versucht mit der freien anderen ein Blatt vom Frisee-Salat zu schnappen, das es dann aber weniger als Futter, sondern mehr als Spielzeug erkennt (er kitzelt sich damit ständig das Gesicht und hat einen Riesenspaß dabei).

Die andere Längsseite des Neubaus ist mit einer Glaswand versehen, die dahinter die Amazonaslandschaft darstellt: Urwald und Flussvegetation beherbergen Fisch- und Rochenarten, Minikrokodile, eine junge Python und zwei wunderschöne Anakondas. Während die anderen Reptilien ziemlich regungslos auf ihren Plätzen verharren, zieht es die größere Anakonda weg von ihrer eingeringelten Schlafposition und ganz angeregt züngelt sich an der mit Sand dekorierten Rückwand entlang. Dahinter verbirgt sich die Türe, wo die Wärter das Futter in die Landschaft legen und anscheinend hat sie so großen Apetitt, dass sie durch die Ritzen etwas erzüngelt (Würgeschlangen haben ja einen sehr schlechten Geruchsinn und nehmen Witterung mit ihre gespaltenen Zunge auf). Ganz nervös wird sie und streckt ihren schönen Kopf an die Wand angelehnt, weit in die Höhe. Als dann wieder ein größere Gruppe Kleinkinder ankommt, die auf dem Absatz der Glasscheibe herumturnen und gegen die Scheibe klopfen, verlasse ich meinen Beobachtungsplatz, um nicht einige der Kleinen zur Räson zu bringen – sollte ja eigentlich Aufgabe der Mütter sein, doch die halten sich schwatzend im Hintergrund.

In einer weiteren Schaulandschaft hinter Glas kann ich eine große Echse und einen kleinen – ziemlich fies aussehenden – Varan beim Mittagsmahl beobachten; irgendwie scheint ihnen der Salat nicht zu schmecken, da sie eindeutige Signale geben: „Nein nicht schon wieder das Selbe, wie in den letzten Tagen“.

Weiter auf meinem Rundgang im Außenbereich schaue ich einer Entenmama zu, die 10 Babies zum Schwimmunterricht begleitet und amüsiere mich über ihre purzelnden Versuche, den kleinen Rasenhang zu erklimmen.

Mein Weg führt mich dann direkt zu den Flamingos und der dortigen – sehr idyllisch gelegenen – Restauration, wo ich mir eine Knoblauchpizza und ¼l Rotwein schmecken lasse.

Nach meiner kleinen Pause beobachte ich auf dem Weg zu den nächsten Gehegen noch ein Flamingo-Baby, das grau-wollig-flauschig aussieht wie eine Teddybär mit Schnabel auf Stelzen .

Auf meinem Weg durch die Anlage treffe ich noch auf „rennende“ Strahlenschildkröten – der hatte echt Speed drauf –, auf Duffy Duck, der gerade in München Urlaub macht (sicher stand diese Entensorte Pate für diese Trickfilmfigur) und komme dann zur großen Freiwiese von Nandu und Wasserschwein (sehen aus wie riesige Hamster), wo gerade die Flugshow der Greifvögel läuft. Ein Falke wird mit einer – an der Schnur hängenden – Beute zum Niederstoßen und Angreifen gereizt; irgendwie kommt sich der Vogel ziemlich verarscht vor, doch nach einiger Zeit hat der Trainer ein Einsehen und lässt ihm den kleinen Beutelvogel zum Verzehr. Ein anderer Vogelwärter hält einen anschaulichen Vortrag über den Weißkopfseeadler (am Lebendobjekt auf seiner Hand), der sich ziemlich unruhig und schreiend gebärdet; irgendwie habe ich den Eindruck, dass er keine Lust auf diese Demonstration hat. Trotzdem zeigt er uns seine immensen Flugkünste und startet quer über die Wiese der Bisons zurück zu seinem Pfleger und wird natürlich auch gleich belohnt (mit blutigen Frischfleischbrocken – evtl. Hühnerinnereien). Die Spannweite dieses schönen Vogels ist imposant und die Krallen, mit denen er seine Beute regelrecht erdolcht, sind ca. 5 cm lang und stehen wie kleine Krummsäbel von seinen Füßen. Die Kirgisen trainieren ihre Adler sogar darauf, Wölfe zu greifen und dies tun sie, in dem sie die Räuber am Kopf packen und davon tragen – der Wolf hat dann keine Chance mehr.

Ich sehe mir noch die nun vorgeführte Waldeule etwas aus der Nähe an und mache mich dann weiter auf meinem Weg durch das Gelände.

Ich komme an den Mähnenwölfen vorbei, wo sich ein Exemplar ganz genierlich zeigt und auch keine Lust auf ein Gespräch mit mir hat. Interessierter zeigen sich da schon die Tüpfelhyänen und nach anfänglichem Abstand traut sich eine ganz nahe an den Zaun. Also ich kann jetzt in diesem Exemplar wirklich nichts hässliches finden und das sag ich ihr auch – erst ist sie etwas verwirrt, weil ihr wohl selten einer sagt, dass sie hübsch ist, doch wird dadurch ganz freudig aufgeregt, rennt in das hintere Gehege und holt seinen Kumpel (oder Weibchen, das kann ich nicht genau erkennen), der mich dann ebenfalls begrüßt.

Auf dem Weg zu meinen Lieblingen, den Tigern, komme ich wieder an der schwarzen Panterdame vorbei, die faul auf ihrem Baum liegt (die Ähnlichkeit mit Salvatore, unserem Kater, ist verblüffend) und betrachte mir einen verschlafenen Vielfrass (ja, der heißt so). Die Tigerkäfige sind leer bis auf einen, in dem wieder der apathische Tiger liegt, der schon letztes Jahr dieses Trauma zeigte. Ich versuche, beruhigend und positiv auf ihn einzureden und es gelingt mir, eine kleine Reaktion bei ihm die bewirken, doch dann kommt wieder eine Kinderbande, die mit großem Geschrei vor der Absperrung stehen und dem armen Kerl Panik einjagen. Unsere Kommunikation wird also jäh unterbrochen und ich verabschiede mich mit dem Versprechen, ihn im Winter zu besuchen, wenn die Kids hinter dem Ofen sitzen. Im Nebenkäfig kommt plötzlich ein Riese von Tiger hereingesprungen, schnappt sich gezielt das zum Füttern ausgelegte Kaninchen und springt mit seiner Beute wieder in das Freigehege.

Mit etwas wehem Herzen in Gedanken an den tieftraurigen Tiger gehe ich meinen Weg weiter und besuche die Villa Dracula, wo eine wunderschöne Höhlenlandschaft die Heimat der verschiedensten Fledermaussorten ist – hier ist nichts los, da sich die meisten Leute gruselnd abdrehen. In Schaukästen an den Wänden sind dann noch andere Höhlenbewohner in ihrer Umgebung – die meisten sind Albinos und blind – u.a. auch ein wunderschönes Skorpionexemplar.

Der Weg nach dem Dracula-Haus bringt mich dann wieder zurück zum Tigerfreigehege und da sind sie nun – die Attraktion, auf die Hellabrunn momentan am stolzesten ist: 3 Tiger-Minis. Die Tigermama lässt sich natürlich ungern begaffen und so zieht sie den Schutz des Baumdickichts vor, um sich mit ihren Jungen niederzulassen. Trotzdem kann ich einige Blicke auf die munteren Racker erhaschen – sie sind noch kleiner als unsere Katzen -, wie sie miteinander herumtollen und rollen oder einfach ihre Mutter als Klettergerüst benutzen.

Natürlich ist auch hier die Idylle bald durch den Zulauf von lauten Besuchern dahin – wieso können die eigentlich nicht bei solch einem herrlichen Schauspiel die Klappe halten ? Ich bin etwas grummelig und gehe weiter, bevor ich mich noch mit den Lautesten der Gruppe anlege.

Um mal wieder eine Toilette aufzusuchen gehe ich in Richtung Kinderzoo, wo ein großes Spielplatzareal, ein weiterer Streichelzoo (natürlich muss ich wieder mit ein paar Ziegen schmusen) und die große Hängebrücke über dem künstlich angelegten Fluss sind. Selbstverständlich ist auch für mich wieder der Gang über die Hängebrücke ein „Muss“ und wieder auf festen Boden habe ich doch tatsächlich wabbelige Knie.

Mittlerweile habe ich aufgehört, mich an meinen geplanten Rundgang zu halten und laufe einfach, wie mir es gerade in den Sinn kommt, was mich jetzt zum „Nordpolgebiet“ bringt. Wieder einmal sitzen die beiden Eisbären in den gleichen Positionen, wie letztes Jahr – der eine auf dem Podest unter dem Fütterungssimulator und der andere am Beckenrand darunter. Eigentlich hätten sie nach der Zeitangabe auf dem Schild vor einer Stunde ihre Mahlzeit bekommen, doch recht satt sehen mir die Riesen nicht aus. Ihre Unruhe zeigt mir, dass dieses Gehege eindeutig zu klein für sie ist und wenn man weiß, wie viele Kilometer so ein Eisbär in der Natur zurück legt, dann kann man seine Frustration auch wirklich verstehen.

Ich schaue dann noch etwas den Robben beim Spielen zu und am Seehundbassin nervt mich eine kreischende Mutter (sie will unbedingt ihren Maximilian zum Zuschauen überreden, doch dieser sitzt lieber auf einer Bank und spielt Gameboy – na ja, jedem das seine !), die mich auch immer mehr in die Enge drängt um für Oma und Opa Platz zu schaffen – also räume ich das Feld (die Klügere gibt nach !).

Da ich nun – nach über 4 Stunden laufen und beobachten – langsam müde werde, schließe ich meinen Rundgang und komme noch an einer Zebraherde vorbei, wo sich einer der kleinen Hengste in den Kopf gesetzt hat, seine Karriere als Rennzebra zu beginnen; nach seiner atemraubenden Aktion schmeißt er sich in den Sand und wälzt sich den Schweiß ab.

Die Rhesusaffen und die Steinböcke teilen sich ein bergiges Revier und von der schreienden Affenhorde echt genervt sitzen die großen Hornträger in der Sonne und dösen. Hier stehe ich also vor Norberts Sternzeichen und die Kopflastigkeit sticht sofort ins Auge; einer von ihnen hat noch etwas Bast am Horn, das er mit wetzen am Stein versucht, abzubekommen – dieses Stadium ist auch sehr juckend für die Tiere und da sind sie natürlich froh, wenn sie den pelzigen Besatz endlich los haben.

An der Pferdereitbahn führt mich jetzt mein Weg vorbei und diese herrlichen Tiere führen wirklich kein schönes Dasein: mit einer Schnur verbunden, hintereinanderhängend, in einem schmalen Gang stehend, warten sie geduldig auf ihre kindlichen Reiter. Das letzte der Gruppe macht einen ziemlich kränklichen Eindruck (Schaum tropft aus dem Mund, obwohl es doch in Ruheposition ist) und schaut mich total deprimiert an. Ich klettere die Stufen hoch, setze mich auf die Pfostenmauer und fange an, es am Bauch und Kopf zu streicheln. Gerade, als es mir von seiner Trauer erzählen will, kommt der Pferdeführer und nimmt die Gruppe an der Leine, um sie im Areal herumzuführen. Also Servus, kleiner Brauner, wenigstens hast Du jetzt etwas Bewegung.

So, nun mache ich mich wirklich auf den Weg zum Ausgang, denn meine Hüfte tut mir schon mächtig weh vom langen marschieren.

In der Außenanlage des Elefantengeheges zeigt der Wärter gerade einige kleine Tätigkeiten seiner Schützlinge, wie tröten auf einer Plastiktrompete oder ein Bild mit dem Rüssel in den Sand malen. Mein letzter Blick geht noch mal zu den Giraffen und das kleine Mädchen, das letztes Jahr geboren wurde, ist nun schon fast so groß, wie seine Eltern.

Noch zwei kleinere Kurven muss ich nehmen und komme dann – wieder am Affenhaus vorbei – zu den Flamingos und damit zum unteren Ausgangs des Tierparks. Von dort aus muss ich nur noch 10 Min. bis zu meinem Roller laufen, die ich mehr schleppend hinter mich bringe und mache dann wirklich „drei Kreuze“, als ich endlich auf meinem Sattel sitzend, wieder nach Hause düsen kann.

Es war mal wieder ein äußerst faszinierender und lehrreicher Ausflug, wie immer, wenn ich den Zoo besuche, was ich hoffentlich bald wieder in Angriff nehmen werde.

BullUp18

 


 

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